Arbeitsrechtliche Maßnahmen in Zeiten von Covid-19

Wie viele andere Länder auch, hat die italienische Regierung im Wege der Eilgesetzgebung verschiedene Maßnahmen im Bereich des Arbeits- und Sozialrechts verabschiedet, die darauf abzielen, die wirtschaftlichen Folgen für Arbeitnehmer soweit wie möglich abzufedern. Im Folgenden beleuchten wir ausgewählte Fragestellungen aus Sicht des italienischen Rechts. Rechtsgrundlagen sind insbesondere die Verordnungen vom 11.03.2020, vom 17.03.2020 („Cura Italia“) sowie vom 25.03.2020.

I. MÖGLICHKEITEN ZUR REDUZIERUNG DES ARBEITSLOHNS UND/ODER DER ARBEITSZEIT

Eine einfache Reduzierung der Bezüge ist durch das italienische Arbeitsrecht nicht vorgesehen. Soweit sich aufgrund geringeren Arbeitsanfalls die Notwendigkeit einer reduzierten Arbeitszeit ergibt, steht das Instrumentarium der Vereinbarung von Kurzarbeit mit der Beantragung von Kurzarbeitergeld bei der staatlichen Sozialversicherungsanstalt („INPS“) zur Verfügung, das v.a. auch bei „Kurzarbeit Null” zur Anwendung kommt. Soweit es noch zur Erbringung von Restarbeitsleistung kommt, wird diese nach den vereinbarten Parametern weiterhin durch den Arbeitgeber vergütet.

Das italienische Kurzarbeiterrecht kennt dabei drei verschiedene Arten von Kurzarbeitergeld: (i) das „ordentliche“ Kurzarbeitergeld bei nicht durch den Unternehmer beeinflussbaren Faktoren, (ii) das „außerordentliche“ Kurzarbeitergeld bei Situation, die v.a. auf Restrukturierungsmaßnahmen zurückzuführen sind und (iii) das sog. „abweichende“ Kurzarbeitergeld („in deroga“), mit dem gewissermaßen ausnahmsweise auch solche Unternehmen in den Anwendungsbereich einbezogen werden, deren Beschäftigte ansonsten kein Anrecht auf Kurzarbeitergeld hätten. Im Zuge der Notverordnungen wurden sämtliche „außerordentlichen“ Situationen in „ordentliche“ überführt und auch die „abweichenden“ Fallgestaltungen wurden so ausgeweitet, dass praktisch sämtliche Arbeitnehmer, auch von Kleinstunternehmen in den Genuss des Kurzarbeitergeldes kommen, soweit die Reduzierung/Unterbrechung der Tätigkeiten auf COVID-19 zurückzuführen ist. Die Höhe des Kurzarbeitergeldes beträgt 80% des normalen Lohns für die nicht geleisteten Arbeitsstunden.

II. BETRIEBSSCHLIESSUNGEN

Soweit Unternehmen gezwungen sind, die Produktion bspw. aufgrund fehlender Vormaterialien oder auch aus Gründen einer angeordneten Quarantänemaßnahme über die Betriebsstätte einzustellen, kommen ebenfalls die „normalen“ Regeln über die Kurzarbeit (cassa integrazione guadagni) zur Anwendung, in diesem Fall in der Variante „Kurzarbeit Null“. Aus dem oben Gesagten ist bereits ersichtlich, dass es eines der vorrangigen Ziele des italienischen Gesetzgebers war, den Zugang zum Kurzarbeitergeld bzw. die Möglichkeit zur Vereinbarung von Kurzarbeit so weit wie möglich auszudehnen und so einerseits die Unternehmen zu entlasten und andererseits das Einkommen der Mitarbeiter abzusichern.

III. STAATLICHE HILFEN UND ZAHLUNGSBEDINGUNGEN

Die staatlichen Hilfen für Unternehmen und andere Gewerbetreibende bzw. auch Freiberufler konzentrieren sich bislang v.a. auf zwei Ebenen: auf der einen Seite „echte“ finanzielle Hilfe in Form von Staatsbürgschaften für KMU und auf der anderen Seite eine Reihe von Erleichterungen und Stundungsregeln für Steuern und Abgaben. Die Bürgschaften werden zunächst über einen Zeitraum von 9 Monaten zinsfrei gewährt; der Höchstbetrag für jedes einzelne Unternehmen beträgt 5 Millionen Euro.

In steuerlicher Hinsicht wurde ein abgestuftes System an Stundungsregelungen eingeführt, um den Unternehmen zum Höhepunkt der Krise ein gewisses Maß an Liquidität zu sichern; dies reicht von der Aussetzung von Steuerzahlungen im März (einschließlich der Abführung der Mehrwertsteuer) für Kleinunternehmen (Umsatz bis zu 2 Millionen Euro) bis hin zu längerfristigen Stundungen für besonders von der Krise betroffene Sektoren. Daneben können die Unternehmen eine Steuergutschrift für COVID-19-bedingte Ausgaben in Anspruch nehmen, wie z.B. für Desinfektionsmaßnahmen.

Im Gegensatz zu den durch andere Staaten zur Verfügung gestellten „Bazookas“ ist das anfängliche Volumen der italienischen Staatshilfen angesichts der schon grundsätzlich angespannten Haushaltslage mit 25 Milliarden Euro eher gering. Mittlerweile sind in verschiedenen Sektoren weitere spezifische Hilfen, wie z.B. für Lebensmittelkäufe zugunsten besonders bedürftiger Familien hinzugekommen. Inwieweit die Hilfspakete auf eine Dimension ausgeweitet werden können, die den zu erwartenden wirtschaftlichen Niedergang wirklich auf halbwegs effektive Weise aufzuhalten geeignet sind, wird nicht zuletzt auch davon abhängen, inwieweit Italien auf die Hilfe der europäischen Staatengemeinschaft zählen kann.

IV. Informationen zur innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Freizügigkeit

Nach heutigem Stand sind in Italien sämtliche Betrieb geschlossen, soweit sie nicht unter die ausdrücklich durch die Verordnung vom 22. März 2020 genannten systemrelevanten Tätigkeiten fallen. Darauf aufbauend besteht ein grundsätzliches Verbot sich auf die Straße bzw. von einem Ort zum anderen zu begeben, soweit dies nicht durch eine zwingende Notwendigkeit gerechtfertigt ist. Neben verschiedenen Gründen eher „privater” Natur, wie z.B. der Einkauf von Lebensmitteln fällt darunter entsprechend auch die Notwendigkeit sich zum Arbeitsplatz zu begeben, soweit dieser noch offen ist. Bislang nur diskutiert, aber (noch) nicht umgesetzt wurde die Möglichkeit auch sämtliche Bewegungen über Gemeindegrenzen hinweg zu verbieten.

Stand 05.04.2020

Wir weisen darauf hin, dass sich Rechtslage laufend ändern kann, sind aber bemüht die Inhalte auf dem aktuellsten Stand zu halten.

Ansprechpartner
Florian Bünger, LL.M.
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