Allianz: Telemedizin weltweit – rechtliche Aspekte und Herausforderungen

I. Einleitung

Mit der Telemedizin / Fernbehandlung werden medizinische Leistungen der Gesundheitsversorgung mit Hilfe audiovisueller Kommunikationstechnologien über räumliche oder zeitliche Entfernungen hinweg erbracht. Die telemedizinische Versorgung ist vielfältig und kann sowohl in der regionalen ländlichen Versorgung oder länderübergreifend als auch bei der spezialisierten Versorgung von seltenen Erkrankungen oder durch nicht überall vorhandene Spezialisten erbracht werden. Insbesondere nach der Corona-Pandemie hat die Telemedizin an Bedeutung zugenommen.

Als ein relativ neues Versorgungsinstrument bedarf die Telemedizin der rechtlichen Regelung für ihre Anwendung sowohl in den einzelnen Ländern als auch im Falle von länderübergreifender telemedizinischer Behandlung.

In dieser Ausgabe unseres internationalen Newsletters zum Thema Telemedizin, die wir gemeinsam mit den Partnerkanzleien der Schindhelm Allianz zusammengestellt haben, geben wir einen Überblick über die verschiedenen Länderregelungen zur Telemedizin.


Länderübersicht


II. Deutschland

1. Ist Telemedizin in Deutschland möglich? Was sind die rechtlichen Grundlagen dafür?

Telemedizin ist in Deutschland nicht nur in der Theorie möglich, sondern wird bereits in unterschiedlichen Ausprägungen praktiziert, wobei neben der telefonischen Konsultation der bislang bekannteste Bereich der Telemedizin die Videosprechstunde zwischen Arzt und Patient ist. Ein einheitliches Telemedizingesetz existiert in Deutschland nicht. Eine grundlegende Regelung für die nicht in Präsenz stattfindenden Beratungen und Behandlungen findet sich jedoch bereits seit 2018 in § 7 Abs. 4 S. 3 der Muster-Berufsordnung-Ärzte (MBO-Ä). Danach können Ärzte Kommunikationsmedien nicht nur unterstützend, sondern auch ausschließlich zur Beratung oder Behandlung ihrer Patienten unter besonderen Bedingungen einsetzen. Diese Regelung wurde auch von den meisten Ärztekammern in Deutschland in ihre jeweilige Berufsordnung übernommen. Gerade durch die Corona-Pandemie nahmen die praktizierten Videosprechstunden zu. Auch war es möglich, sich telefonisch krankschreiben zu lassen. Den Regelfall soll allerdings weiterhin die Präsenzbehandlung darstellen. Das Thema Telemedizin nimmt jedoch insgesamt an Dynamik zu. So ist nach der zwischenzeitlichen Abschaffung der telefonischen Krankschreibung diese seit dem 7. Dezember 2023 wieder möglich. Zusätzlich soll es bis 2026 in mindestens 60 % der hausärztlichen unterversorgten Regionen eine Anlaufstelle für assistierte Telemedizin geben. Darüber hinaus wurde im Januar 2024 das E-Rezepte eingeführt, ab Anfang 2025 soll die elektronische Patientenakte genutzt werden.

2. Was sind die Bedingungen und Einschränkungen für die Erbringung von telemedizinischen Leistungen?

Telemedizinische Leistungen sollen ein Ausnahmefall bleiben. Fernbehandlungen können aufgrund ihrer verkürzten Behandlungsform ein besonderes Gefahrenpotential bergen. Sie unterliegen daher teils hohen Voraussetzungen, die durch den Arzt im Einzelfall geprüft werden müssen. Dies gilt insbesondere für die Beratung und Behandlung auf Basis des § 7 Abs. 4 S. 3 MBO-Ä bzw. der Berufsordnungen der Ärztekammern der Bundesländer. Es bedarf in jedem Einzelfall u.a. einer Prüfung, ob mit Gewissheit gesagt werden kann, dass die Beratung und Behandlung des Patienten keines persönlichen Kontakts zwischen Arzt und Patient bedarf. Ebenso muss der Patient über die Besonderheiten der Behandlung über das Kommunikationsmedium aufgeklärt werden. Die Aufklärung umfasst in diesem Zusammenhang auch eine Belehrung über Risiken der telemedizinischen Behandlungs-methode sowie einen Hinweis auf die Möglichkeit einer persönlichen Behandlung. Eine Einschränkung besteht auch im Hinblick auf die Abrechnungen der vertragsärztlichen Leistungen, die per Videosprechstunde erbracht werden dürfen. Diese wurden von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Krankenkassen nach der Pandemie zunächst wieder in jedem Behandlungsquartal auf 30% beschränkt.

3. Welches Recht ist anwendbar im Falle von cross-border Telemedizin?

Sofern zwischen Arzt und Patient keine Regelung über die Rechtswahl getroffen wurde, ist nach Art. 4 Abs. 1 lit. a) ROM I-VO die Rechtsordnung am gewöhnlichen Aufenthalts-ort des Dienstleisters, d.h. dem Sitz der Arztpraxis, maßgebend. Gemäß Art. 6 Rom I-VO ist das zwingende Recht am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Patienten kumulativ anwendbar, wenn dieser ein Verbraucher ist, wovon regelmäßig auszugehen ist. Der Behandlungsvertrag stellt zwar kein zwingendes Recht zum Schutz des Verbrauchers dar, sodass sich dieser bei einer telemedizinischen Behandlung grundsätzlich auch nach einer anderen Rechtsordnung richten kann. Ein Patient aus Deutschland wird aber gleichwohl durch § 309 Nr. 7 lit. a) BGB geschützt, wonach bei der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit durch eine fahrlässige oder vorsätzliche Pflichtverletzung des Arztes eine Haftung nicht ausgeschlossen werden kann. Einzelne absichernde Normen des deutschen Rechts zugunsten des Patienten können daher nicht ausgehebelt werden.

III. Frankreich

1. Ist Telemedizin in Frankreich möglich? Was sind die rechtlichen Grundlagen dafür?

Die Telemedizin ist in Frankreich seit dem Gesetz vom 21. Juli 2009, dem sogenannten "HPST" (Krankenhaus, Patienten, Gesundheit und Territorien), geregelt und stellt neben der Telepflege eine der beiden Komponenten der Telegesundheit dar. Sie wurde 2018 nach einer schrittweisen Erprobungsphase in das allgemeine Recht der medizinischen Praxis aufgenommen und ihre wesentliche Rolle wurde im Gesundheitsplan 2022 erneut bekräftigt.

Seit dem 15. September 2018 ist die Telekonsultation in ganz Frankreich zugänglich: Jeder Arzt, unabhängig von seiner Fachrichtung und seinem Tätigkeitsbereich, kann nun seinen Patienten anbieten, eine Fernkonsultation anstelle einer Präsenzkonsultation durchzuführen, und zwar für jede medizinische Situation, die er für geeignet hält.

2. Was sind die Bedingungen und Einschränkungen für die Erbringung von telemedizinischen Leistungen?

Jeder Arzt kann eine Telekonsultation durchführen, unabhängig von seiner Spezialisierung, seinem Tätigkeitsbereich und dem Ort seiner Tätigkeit in der Stadt oder in einer Gesundheitseinrichtung.

Jeder Patient, unabhängig davon, ob er an einer akuten oder chronischen Krankheit leidet, kann a priori eine Telekonsultation erhalten. Die Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Telekonsultation liegt jedoch allein beim Arzt, der beurteilen muss, ob eine medizinische Behandlung aus der Ferne statt von Angesicht zu Angesicht sinnvoll ist.

Es ist jedoch zu beachten, dass eine Obergrenze für telemedizinische Aktivitäten gilt: Aus diesem Grund darf ein Arzt in einem Kalenderjahr nicht mehr als 20 % seines Tätigkeitsvolumens (Telekonsultationen und Teleexpertisen zusammengenommen) telemedizinisch durchführen. Die Nichteinhaltung dieser Höchstgrenze für telemedizinische Aktivitäten kann zu Maßnahmen seitens der Krankenversicherung führen.

3. Welches Recht ist anwendbar im Falle von cross-border telemedizin?

Dasselbe nationale Recht wird nicht notwendigerweise auf alle in Betracht gezogenen Rechtssysteme anwendbar sein, z.B. auf die Rechtssysteme in Bezug auf den Zugang zum Dienstleistungsmarkt, die vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Patienten, die Kostenerstattung, die Haftung des Leistungserbringers, die Vorschriften über den Schutz personenbezogener Gesundheitsdaten und die Gerichtsbarkeit.

Um das anwendbare Recht zu bestimmen, muss insbesondere eine gründliche Analyse der Kontextelemente durchgeführt werden, einschließlich der Frage, ob der Heimatstaat des Patienten ein EU-Mitgliedstaat ist oder nicht, der Nationalität der beteiligten Ärzte, des Niederlassungsstaates des Dienstleisters, der gemeinsamen Nutzung von Daten etc.. Das EU-Recht ermöglicht die Bestimmung des anwendbaren Rechts für telemedizinische Dienstleistungen, die von einem europäischen Dienstleister für Staatsangehörige eines anderen EU-Mitgliedstaates angeboten werden.

IV. Italien

1. Ist Telemedizin in Italien möglich? Was sind die rechtlichen Grundlagen dafür?

Telemedizin ist in Italien erlaubt und kann zu Zwecken der Sekundärprävention, der Diagnostik, der Rehabilitation und des Monitorings eingesetzt werden.

Die rechtliche Grundlage hierfür bilden Regelungen, die von den einzelnen Regionen oder autonomen Provinzen erlassen wurden. Die vom Gesundheitsministerium erlassenen linee guida nazionali (nationale Leitlinien) vom 2. November 2022 richten sich an diese Regionen beziehungsweise autonomen Provinzen und sollen die Homogenität auf nationaler Ebene und die Effizienz im Bereich der Telemedizin sicherstellen. Die linee guida nazionali vom 2. November 2022 legen daher die funktionalen und technologischen Mindestanforderungen für die Anwendung von Telemedizin fest und bestimmen, welche Ausbildung und Kompetenzen beim anwendenden medizinischen Fachpersonal vorhanden sein müssen. Des Weiteren bestimmen die Richtlinien, über welche Konstitution und Fähigkeiten der Patient verfügen muss, damit er für die Anwendung von Telemedizin geeignet ist.

2. Was sind die Bedingungen und Einschränkungen für die Erbringung von telemedizinischen Leistungen?

Der Patient muss über hinreichende digitale Kenntnisse und technische Ausstattung verfügen und seiner klinischen Situation nach in der Lage sein, die telemedizinischen Dienste in Anspruch zu nehmen. Die Beurteilung dessen obliegt dem behandelnden Arzt. Das medizinische Fachpersonal muss die technischen Aspekte, die besonderen pflegerischen Anforderungen und die datenschutzrechtlichen Aspekte der Telemedizin beherrschen und eine entsprechende Schulung erhalten. Die Richtlinien unterscheiden zwischen fünf Formen, in denen Telemedizin erbracht werden darf: Televisita (Echtzeitverbindung zwischen Patient und Arzt), Teleconsulto (Fernverbindung zwischen Ärzten), Teleconsulenza (Fernverbindung zwischen Arzt und Pflegepersonal), Teleassistenza (Fernkommunikation zwischen Patient und Gesundheitsberufen wie Physiotherapeuten, Logopäden) und Telemonitoraggio (digitale Übertragung klinischer Parameter mittels Sensoren). Je nach Erbringungsform gelten unterschiedliche rechtliche Anforderungen.

3. Welches Recht ist anwendbar im Falle von cross-border Telemedizin?

Für diesen Fall gibt es keine gesonderten und spezifisch italienischen Regelungen; die bereits zitierten Richtlinien verweisen vielmehr allgemein auf die auf EU-Ebene erlassenen "Regelungsinstrumente".

V. Österreich

1. Ist Telemedizin in Österreich möglich? Was sind die rechtlichen Grundlagen dafür?

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Erbringung telemedizinischer Leistungen in Österreich finden sich in verschiedenen Gesetzen wie u.a. dem Gesundheitstelematikgesetz, dem Krankenanstalten‐ und Kuranstaltengesetz oder dem Medizinproduktegesetz 2021. Die Zulässigkeit der telemedizinischen Leistungserbringung ist anhand des Unmittelbarkeitsgrundsatzes des § 49 Abs 2 ÄrzteG zu beurteilen. Diese Bestimmung wurde jüngst mit dem Vereinbarungsumsetzungsgesetzes 2024 novelliert und die Zulässigkeit der Telemedizin ausdrücklich berufsrechtlich verankert. Maßgebliche Kriterien zur Beurteilung der Zulässigkeit im Einzelfall sind, ob dem Arzt aufgrund der ihm übermittelten Daten bzw. des mittels Audio- oder Videokonferenzsystemen verschafften Eindrucks vom Patienten eine ausreichende Entscheidungsgrundlage zur Verfügung steht und er somit die „Gefahren der telemedizinischen Behandlung“ beherrschen kann.

2. Was sind die Bedingungen und Einschränkungen für die Erbringung von telemedizinischen Leistungen?

Die Zulässigkeit der telemedizinischen Behandlung stellt unter Beachtung der einschlägigen Berufspflichten immer eine Einzelfallentscheidung dar. Der Arzt muss sich trotz fehlenden physischen Patientenkontaktes eine ausreichende Informationsgrundlage verschaffen, um eine medizinische Entscheidung zum Wohl des Patienten treffen zu können. Sollten Zweifel über die Grundlagen der medizinischen Entscheidung aufkommen, hat der Patient den Arzt physisch aufzusuchen. Der Patient ist auch über etwaige negative Folgen aufzuklären. Zu berücksichtigen ist ferner, ob der Patient dem Arzt bereits bekannt ist. Eine telemedizinische Behandlung fremder Patienten wird i.d.R. aufgrund fehlender Kenntnis der Krankengeschichte und des Patienten schwer mit den Regeln der Medizin vereinbar sein. Unter Beachtung der geltenden nationalen Bestimmungen ist die Einrichtung einer ständigen Online-Praxis, in der die Patienten ihre Symptome schildern und der Arzt eine individuelle Diagnose erstellt, daher nicht zulässig.

3. Welches Recht ist anwendbar im Falle von cross-border Telemedizin?

Entsprechend der PatientenmobilitätsRL gilt für die Erbringung telemedizinischer Leistungen grundsätzlich das Herkunftslandprinzip, d.h. es ist das Recht des Staates anwendbar, in welchem der Arzt niedergelassen ist. Berufsrechtliche Einschränkungen ergeben sich aus der BerufsqualifikationsRL, welche ein Bestimmungslandprinzip normiert. Es werden in dieser aber nur solche Regeln erfasst, „die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Ausübung der ärztlichen Heilkunst selbst stehen und deren Nichtbeachtung die Patienten beeinträchtigt“. PatientenmobilitätsRL und BerufsqualifikationsRL normieren unterschiedliche Rechtsfolgen in Bezug auf das anwendbare Recht. In einem Behandlungsvertrag mit dem Patienten kann eine entsprechende Rechtswahl getroffen werden und ist auch zu empfehlen.

VI. Slowakei

1. Ist Telemedizin in der Slowakei möglich? Was sind die rechtlichen Grundlagen dafür?

Leider gibt es in der Slowakei immer noch keine gesetzliche Regelung für die Telemedizin als solche, und es liegt derzeit kein Vorschlag im Gesetzgebungsverfahren vor, der diese Situation ändern würde. Zur Unterstützung der Erbringung medizinischer Ferndienstleistungen wird das Gesetz Nr. 576/2004 Slg. über die Gesundheitspflege sowie nationale und internationale ethische medizinische Standards angewandt. Die Slowakei wird jedoch auf eine umfassende gesetzliche Regelung der Telemedizin warten müssen.

2. Was Sind die Bedingungen und Einschränkungen für die Erbringung von telemedizinischen Leistungen?

Bei der Erbringung von Gesundheits-dienstleistungen aus der Ferne muss unbedingt sichergestellt werden, dass die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt und dass zu diesem Zweck ein geeigneter Kommunikations-kanal genutzt wird. Es werden jedoch keine weiteren Einzelheiten genannt. Bei der Nutzung der "Telemedizin" müssen auch der Gesundheitszustand des Patienten und die mögliche Art seiner Erkrankung berücksichtigt werden. In Ermangelung rechtlicher Definitionen gibt es jedoch auch in diesem Bereich keine weiteren Vorgaben.

3. Welches Recht ist anwendbar im Falle von cross-border Telemedizin?

Die Anwendung des geltenden Rechts wird in der Regel zwischen dem Arzt und dem Patienten vereinbart, bevor die Leistungen erbracht werden, und der Patient unterzeichnet eine diesbezügliche Einverständniserklärung.

VII. Tschechien

1. Ist Telemedizin in Tschechien möglich? Was sind die rechtlichen Grundlagen dafür?

In Tschechien sind viele Patienten bereits daran gewöhnt, ihren Arzt gelegentlich per Telefon oder E-Mail zu konsultieren. Das tschechische Rechtssystem kennt das Konzept der Telemedizin jedoch bis heute nicht und die klare Rechtsgrundlage fehlt. Die Novelle des Gesetzes Nr. 372/2011 Slg. über Gesundheitsdienstleistungen und die Bedingungen ihrer Erbringung, die derzeit im Parlament der Tschechischen Republik erörtert wird, sollte diesen unklaren Stand ändern und das Konzept der Telemedizin als Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen mittels Informations- und Kommunikationstechnologien und speziellen medizinischen Geräten gesetzlich definieren. In der Novelle sollten ebenso die spezifischen Anforderungen an eine solche Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen neu geregelt werden, insbesondere im Hinblick auf die Sicherheit der Kommunikation, die der ärztlichen Schweigepflicht unterliegt, und die zuverlässige Überprüfung der Identität des Arztes und des Patienten.

2. Was sind die Bedingungen und Einschränkungen für die Erbringung von telemedizinischen Leistungen?

Die Einzelheiten werden im Gesetzgebungsverfahren noch erörtert, aber es kann schon jetzt davon ausgegangen werden, dass jede Gesundheitseinrichtung (bzw. jeder Arzt) im Besitz einer speziellen Lizenz sein muss, um telemedizinische Dienstleistungen erbringen zu können. Die wesentliche Voraussetzung zur Erlangung dieser Genehmigung wird in dem Nachweis bestehen, dass der Antragsteller die erhöhten Anforderungen an die technische Ausrüstung erfüllt, um eine vertrauliche Kommunikation mit dem Patienten zu gewährleisten. Natürlich muss auch die Qualität der medizinischen Dienstleistung auf dem gleichen Niveau wie bei einem persönlichen Besuch beim Arzt gewährleistet sein (unter Berücksichtigung der Möglichkeiten des Fernkontakts). Wie gesagt werden die weiteren Bedingungen und Einschränkungen im Gesetzgebungsverfahren noch diskutiert.

3. Welches Recht ist anwendbar im Falle von cross-border Telemedizin?

Diese Frage wird noch erörtert, es sieht jedoch so aus, dass das anwendbare Recht in jedem Einzelfall ad hoc durch Vereinbarung der Parteien festgelegt wird, wobei der Patient der Anwendung des tschechischen Rechts in den meisten Fällen vor Beginn mit der Erbringung der medizinischen Dienstleistungen zustimmt.

VIII. Türkei

1. Ist Telemedizin in der Türkei möglich? Was sind die rechtlichen Grundlagen dafür?

Die Verordnung über die Fernerbringung von Gesundheitsdienstleistungen wurde in der Türkei am 10.02.2022 verkündet und ist am selben Tag in Kraft getreten.

Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung ist die Fernerbringung von Gesundheitsdienstleistungen in der Türkei grundsätzlich erlaubt, sofern die Bedingungen der Verordnung erfüllt sind. Darüber hinaus wurden in der einschlägigen Verordnung in einem eigenen Paragrafen auch die Verbote und Einschränkungen der Erbringung von telemedizinischen Leistungen geregelt. Vor Inkrafttreten der Verordnung galt gemäß der Auslegung der einschlägigen Rechtsvorschriften, dass die Fernerbringung von Gesundheitsdienstleistungen in der Türkei nicht erlaubt ist.

2. Was sind die Bedingungen und Einschränkungen für die Erbringung von telemedizinischen Leistungen?

Für die Erbringung telemedizinischer Leistungen ist eine Genehmigung des Gesundheitsministeriums erforderlich. Hierzu muss vorab das Informationssystem, das für die Erbringung telemedizinischer Leistungen verwendet werden soll, vom Ministerium oder von autorisierten externen Entwicklern gemäß den vom Ministerium festgelegten Mindeststandards entwickelt und im System des Ministeriums registriert werden. Die zulässigen telemedizinischen Leistungen sind definiert, hierzu gehören ärztliche Untersuchungen, medizinische Beratungen, interventionelle und chirurgische Leistungen sowie Überwachung und Messung von Gesundheitsdaten, soweit aus der Ferne möglich. Anderenfalls muss die Empfehlung ausgesprochen werden, einen Arzt aufzusuchen. Es  können ferner elektronische Rezepte und Krankschreibungen ausgestellt werden. Vor der Erbringung telemedizinischer Leistungen ist der Patient ausführlich aufzuklären und der Schutz der persönlichen Daten ist zu gewährleisten.

3. Welches Recht ist anwendbar im Falle von cross-border Telemedizin?

Geht man davon aus, dass ein Arzt aus dem Ausland telemedizinische Leistungen erbringen kann, so ist das anwendbare Recht wie folgt: Nach türkischem Recht ist das Rechtsverhältnis zwischen dem Patienten und dem Arzt ein Auftrag. Aufträge sind vertragliche Schuldverhältnisse. Für das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht gilt Artikel 24 des Gesetzes Nr. 5718 über internationales Privat- und Verfahrensrecht. Gemäß Artikel 24 kann für die Fernerbringung von Gesundheitsdienstleistungen das anwendbare Recht vereinbart werden. D.h. wird in dem Behandlungsvertrag eine Rechtswahl getroffen, so gilt das so vereinbarte Recht. Wurde eine Rechtswahl nicht getroffen, so gilt das Recht des Landes, in dem der Schuldner, der die charakteristische Leistung erbringt, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Beim Behandlungsvertrag ist die charakteristische Leistung die Behandlung, so dass das Recht des Staates anzuwenden wäre, in dem der behandelnde Arzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.



Autor: Sarah C. Schlösser
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